Sackgasse Alkohol? – Es gibt Hilfe!

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Ein Betroffener erzählt

Wenn Alkohol zum «Freund» wird...
Von Hildegard Hirzel

Geri war beliebt bei seinen Mitmenschen: Er war stets der lustige Kumpel, mit dem es viel zu Lachen gab. Mit Geri am Tisch war was los, da konnten Alltagssorgen vergessen werden. Für Geri war es eine Leichtigkeit, 3 Liter Bier in kurzer Zeit zu konsumieren. Nach den ersten zwei Stangen, machte er sich jeweils keine Gedanken mehr über seine Trinkgewohnheiten. Wenn Geri das Glas am Feierabend an den Mund setzte, hörte er nicht mehr auf zu trinken, bis sein Alkoholpegel im Blut fast tödliche Werte erreichte. Als alkoholabhängig sah er sich nicht, denn alle trinken ja. Auch zählte er Tage, an denen er keinen Alkohol konsumierte. Keine zittrigen Hände bei Nüchternheit, keine versteckten Flaschen im Schlafzimmer wiesen auf eine Sucht hin: «Süchtig sind nur die anderen», war Geri überzeugt.

Promille vom Vorabend
Sein Beruf als Koch führte Geri in die Küchen zahlreicher Gastbetriebe, als Angestellter und schliesslich auch als selbständigen Wirt. Auf der Suche nach einer beruflichen Veränderung versuchte er sich auch als Versicherungsberater zu behaupten, Grenzwachtgefreiter, Taxichauffeur und schliesslich als Lastwagenchauffeur: «Am Morgen besoffen fahren, das ist schon vorgekommen», erinnert sich Geri: «Die Promille stammten allerdings noch vom Vorabend» lenkt er ein. Dass ihn der Alkohol fest im Griff hatte, merkte Geri erst, als er mit dem zu vielen Trinken aufhören wollte: «Wann ich anfing zu trinken, weiss ich nicht mehr, nur noch, wann ich begann, die Sucht zu realisieren».

Fatale Abstürze
Geri hebt sich mit seiner Geschichte nicht von anderen Alkoholikerlaufbahnen ab. Gesetzliche Verfehlungen gehören genauso in seinen Lebenslauf, wie das Glas zum Trost, zur Belohnung, zur Entspannung, zur Beruhigung: «Es gibt immer einen Grund zu trinken, immer eine Entschuldigung» erklärt Geri: «Die Stammtische in Seeländer Beizen kenne ich jedenfalls fast alle», lacht er dazu. Dass er auch mal aus den Lokalen geworfen wurde, kümmerte ihn damals wenig. Alkohol und Frauen, das waren Geris Freunde während seiner stärksten Trinkerzeit: «Natürlich rastete ich da auch ab und zu aus und randalierte», gibt Geri zu.

100 Sachen halfen
Geri ist geschieden und Vater zweier Kinder im Jugendalter. Nicht der Alkohol habe zur Scheidung geführt, geschieden ist er bereits seit 10 Jahren. Seine Kinder sieht er ab und zu. Eine enge Beziehung pflegt Geri Allemann zu seiner Mutter und Schwester. Sie sind die zwei Menschen, die ihn in seiner Zeit als Trinker und auf dem Weg zum Abstinenzler begleitet haben. Geri Allemann hat seit 14 Monaten keinen Schluck Alkohol mehr getrunken. Seine Abhängigkeit erkannte er vor rund drei Jahren, als ihm sein Hausarzt eine vernichtende Diagnose seiner Leberwerte erstellte. Mit Hilfe des Arztes startete Geri dann den ersten Versuch, ohne Alkohol auszukommen. Trotz stützenden Medikamenten scheiterte das Unternehmen. Geri wurde vom Arzt an den Sozialmedizinischen Dienst, die Fachstelle META, verwiesen. In Grenchen und Biel liess sich Geri so nach einigen Einzelgesprächen in Kurse einteilen für Männer und Frauen, die keinen Alkohol mehr trinken wollen: «100 Sachen halfen mir, den Weg bisher zu schaffen.»

Leben ohne Vorurteile
Geri arbeitet zur Zeit als Koch in der Küche eines Gastrobetriebes am See. Hier hat er neue Freunde gefunden, die ihn in seinem abstinenten Leben stützen. Aber seine Träume gehen weit weg von einer Gesellschaft, in der er sich ständig kontrolliert fühlt. Eine neue Umgebung soll ihm für ein neues Leben den Weg ebnen, ein Ort wo keiner seine Geschichte kennt, wo keine Vorurteile sind: «Das Misstrauen der Mitmenschen gegenüber einem Alkoholiker bleibt immer bestehen.» Sein Traum: Ein Hotelbetrieb als Ferienoase für Abstinenzler:«Ferien ohne Alkohol sind nicht in Ferienkatalogen ausgeschrieben, überall herrscht Ballermannstimmung.» 

Traum bekommt Flügel
Sein Ferienhotel will Geri in Schottland realisieren, die Pensionskassengelder werden ihm den finanziellen Start ermöglichen. Seine Arbeitsstelle und die Wohnung sind bereits gekündigt. Ab November wird er in seinem Camper wohnen, den er zur Zeit mit grossem Eifer umbaut. Zum Jahresende will Geri dann sein Abenteuer starten. Geri weiss: «Der Alkohol ist immer mit mir. Alkohol ist überall, ich muss das akzeptieren. Aber ich hatte ja auch schöne Zeiten mit dem Alkohol, dazu muss ich stehen, denn einen Kampf gegen den Alkohol würde ich verlieren!»

Mit seiner Geschichte will Geri anderen betroffenen Menschen Mut machen, sich helfen zu lassen. Mit dem offenen Geständnis Alkoholiker zu sein, sollen Chancen zum Ausstieg aus der zerstörerischen Alkoholtrinkerei aufgezeigt werden.

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Das Projekt wird durch den Nationalen Alkoholpräventionsfonds finanziert.